Ludwig Pfau (1821-1894)

Volksweisen.

X.

»Komm mit mir unter die Linde,
Du Herzallerliebster mein!
Komm setz dich an meine Seite,
Dann wollen wir lustig sein.«

Ich kann und mag nicht sitzen,
Mag auch nicht lustig sein;
Mein Herz möcht' mir zerspringen,
Feins Lieb, von wegen dein.

»Und will dein Herz zerspringen,
Leg' ich die Hand darauf,
Dann werden die Schmerzen stille,
Dann hört das Klopfen auf.«

Mein Herz, das wird nicht stille,
Es trägt zu große Not,
Es trägt von deiner Liebe
Davon den bittern Tod.

»Und wird dein Herz nicht stille,
Drück' ich darauf den Mund,
Dann schlägt dein Herz vor Freude,
Dann wird es wieder gesund.«

Du kannst mein Herz nicht heilen,
Du bist ein falsches Kind;
Fahr wohl! denn Lieb' und Treue,
Die sind als wie der Wind.

Zog ihr den Ring vom Finger
Und warf ihn in den Rhein;
Er tanzte auf den Wellen,
Gab seinen letzten Schein.

Schwimm hin, Goldringlein, schwimme!
Bis in das tiefe Meer;
Mein Feinslieb ist mir gestorben,
Nun hab' ich kein Feinslieb mehr.


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 137-138.
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