Ludwig Pfau (1821-1894)

Volksweisen.

I.

O wär' mein Lieb ein Brünnlein kalt
Und spräng' aus einem Steine,
Und ich wär' dann der grüne Wald,
Mein Trauern, das wär' kleine.

O wär' mein Lieb im Rosenbusch
Ein Röslein an der Sonne,
Und ich ein Schmetterling – husch, husch!
Flög' ich darauf mit Wonne.

O wär' mein Lieb ein Rehlein schlank,
Thät durch die Wälder jagen,
Und ich von Moos die weiche Bank,
Daß ich es dürfte tragen.

O wär mein Lieb das Blümlein blau,
Das an dem Bache blinket,
Und ich wär' dann der Tropfen Thau,
Der an das Herz ihm sinket.

O wär' ich selbst das Lilienreis,
Das blüht in Liebchens Garten;
Dann thät' mit ihren Händen weiß
Die Süße meiner warten.


Ludwig Pfau: Gedichte. 4., durchgesehene und vermehrte Auflage. Stuttgart: Bonz 1889. S. 127.
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