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Ludwig Pfau

Die Heliographie


[6:] Vorstellung der Abdrucke durch Pigment

Während die Schönheit des photographischen Bildes einer immer größeren Vollendung entgegenging, wurde dagegen die Haltbarkeit der Abdrücke in einer Weise verdächtig welche die Grundfesten der neuen Kunst zu erschüttern drohte. Es zeigte sich nämlich daß die dem Lichte und der Feuchtigkeit ausgesetzten Photographien sich veränderten, fleckig wurden, verbleichten und Miene machten gänzlich zu verschwinden. Man suchte nach den Ursachen dieser unliebsamen Erscheinung, und fand daß deren hauptsächlichster Urheber gerade das Fixirmittel selber, das unterschwefligsaure Natron, sei, welches, wenn es nicht sehr sorgfältig ausgewaschen wird, die Auflösung der Silberverbindungen fortsetzt und das Bild zerstört. Man gelangte denn auch schließlich durch verschiedene Vorsichtsmaßregeln in dieser und in anderer Beziehung zu ziemlich haltbaren Abdrücken, aber zu keiner vollständigen Sicherheit. Denn wenn diese überhaupt eine Erfahrung von mehreren Jahrhunderten voraussetzt, so sind überdies Gefahren vorhanden welche in der Natur der Silbersalze liegen und die Ungewißheit vermehren. Die chemischen Bestandtheile, mit deren Lösung das photogenische Papier getränkt wurde, sind durch die photographische Operation keineswegs unangreifbar geworden und können aufs neue gelöst werden. Freilich wird man die Bilder nicht freiwillig den lösenden Reagentien aussetzen, aber diese befinden sich in der umgebenden Luft; und wie klein auch die Quantitäten sein mögen, kein Chemiker kann behaupten daß sie nicht im Stande seien durch die Länge der Zeit eine Zersetzung herbeizuführen. Eine solche Substanz ist z. B. das Schwefelwasserstoffgas, von dem die atmosphärische Luft immer etwas enthält. Dieses verwandelt die Silbertheilchen in Schwefelsilber, welches später, vom Sauerstoff der Luft oxydirt, durch die Einwirkung der atmosphärischen Feuchtigkeit als Sulfat verschwindet, da diese Verbindung vom Wasser gelöst wird. Zudem ist kein Metall absolut fest, namentlich in gewissen Verbindungen und bei unserer Zimmertemperatur; und wie klein immer seine Neigung zum Verdunsten sein mag, auch das Metallquantum welches den Abdruck bildet, ist ein sehr geringes, so daß schon die allmälige Verdunstung genügen könnte um das Bild in Zeitlänge verschwinden zu lassen.

Von allen färbenden Materien, die wir kennen, ist die Kohle die unveränderlichste, da sie in gewöhnlicher Temperatur den chemischen Reagentien den größten Widerstand entgegensetzt. Nur bei dem sehr hohen Wärmegrad lebhaften Verbrennens verbindet sie sich mit dem Sauerstoff und verschwindet. Die alten Manuskripte zeigen uns daß der in Form von Kienruß auf das Papier getragene Kohlenstoff sich viele Jahrhunderte lang unverändert erhält. Buch- und Kupferdruck bedienen sich denn auch dieser Materie, und die Druckerschwärze ist eine mit fetter Substanz abgeriebene Kohle. Vermittelst einer ähnlichen Farbe müßten also auch die photographischen Positivbilder hergestellt werden wenn ihre Dauer eine gesicherte sein soll. Die Umwandlung des Negativs in eine Druckplatte wäre freilich das geeignetste Mittel hiefür, und nach allen Umwegen gelangt das Lichtbild immer wieder auf die Heerstraße der Heliographie. Da jedoch anfänglich die heliographischen Proben noch weit entfernt waren die Schönheit der photographischen zu erreichen, so fragte man sich ob es, trotz des Kopirens durch Belichtung, nicht möglich wäre das Bild mit Hilfe der soliden Kohle herzustellen, statt vermittelst der unsteten Silbersalze. Die Lösung dieser Aufgabe ist das sogenannte Kohlenverfahren oder der Pigmentdruck, welcher gewissermaßen den Uebergang von der Photographie zur Heliographie bildet.

Der Pigmentdruck beruht auf der Entdeckung einer weiteren Substanz welche, gleich dem Asphalt, für die gewöhnlichen Auflösungsmittel durch das Licht unlöslich gemacht wird, und die deßhalb auch in der Heliographie eine bedeutende Rolle spielt – wir meinen die mit  o r g a n i s c h e n S t o f f e n ,  als Albamin, Gummi, Syrup oder Gelatine, verbundene  C h r o m s ä u r e .  M u n g o  P o n t o n  war der erste, welcher diese Substanz anwandte. Schon im Jahre des Daguerreotyps, 1839, beschrieb er im Edinburger New Philosophical Journal ein Verfahren vermittelst dessen er – ähnlich wie Talbot bei seinen ersten photographischen Versuchen – durch Auflegen des abzubildenden Gegenstands auf ein mit doppeltchromsaurem Kali getränktes Papier, photogenische Bilder erzeugte. Dieselben sind gleichfalls negativer Natur: der schützende Gegenstand bewahrt dem Papier die ursprünglich hellgelbe Farbe des chromsauren Salzes, während die vom Lichte betroffenen Stellen schnell eine braungelbe Färbung annehmen. Aber nicht nur die Farbe verändert sich durch die Lichtwirkung, das vorher leichtlösliche Salz verliert auch seine Löslichkeit und wird an das Papier gebunden. Um das Bild zu fixiren, genügt es daher dasselbe zu waschen – wobei alle vom Licht unberührten Theile schnell aufgelöst werden, während die vom Licht veränderten fest am Papier haften. Durch letzteren Prozeß erhält man das Bild weiß auf Orange und völlig dauerhaft. Diese Unlöslichkeit – für die Photographie beiweitem wichtiger als die Färbung – entspringt der Reaktion die unter dem Einflusse des Lichts zwischen der Chromsäure und den gelatinösen Stoffen, hier dem Leimüberzug des Papiers, stattfindet. Auf ungeleimtem Papier zeigt die Chromsäure eine weit geringere Reaktion.

Im Jahre 1853 nahm  T a l b o t  die bichromatisirte Gelatine, mit der Mungo Ponton direkte Bilder herzustellen gesucht hatte, wieder auf, um dieselbe zum Aetzen heliographischer Platten zu benützen. Diese Gravirmethode, auf die wir unten zurückkommen müssen, darf hier nicht unerwähnt bleiben, weil sie der erste Schritt zu fruchtbarer Verwerthung des Chromprozesses, namentlich zu den vielen chemischen und mechanischen Druckmethoden war die aus Mongo Ponton’s Entdeckung hervorgegangen sind.

Ebenso verwandte im Jahr 1854 der in England ansässige Oesterreicher  P a u l  P r e t s c h  die Chromgelatine nicht nur zu Anfertigung heliographischer Platten, sondern auch zu einem direkten Druckverfahren, indem er die belichtete Schichte mit fetter Farbe einwalzte, das so entstandene Bild auf Papier abzog und sodann zu lithographischer Verwendung auf Stein überdruckte.

Obwohl man diese belichtete und eingewalzte Schichte als die erste Herstellung eines Pigmentbildes betrachten kann, so verfolgte Pretsch doch nur  h e l i o g r a p h i s c h e  Zwecke; und der  p h o t o g r a p h i s c h e  Pigmentdruck, der die Kopie zwar durch Belichtung hervorbringt, an die Stelle des Silbersalzes aber die Kohle setzt, wurden von  A l p h o n s e  P o i t e v i n  angebahnt. Seine Versuche mit gelatinösen Stoffen und chromsauren Salzen führten im Jahre 1855 zu verschiedenen Anwendungen, welche die Photolithographie und – was uns für jetzt hauptsächlich interessirt – den Pigmentdruck ins Leben riefen. Poitevin kam zuerst auf den Gedanken, die Reaktion der chromsauren Salze auf organische Stoffe zu benützen, um photographische Abdrücke in beständigen Farben anzufertigen. Da dies auf zweierlei Arten geschehen kann, je nachdem man den Farbstoff nach oder vor der Belichtung aufträgt, so brachte er zwei Methoden in Vorschlag.

Die erste Methode überzieht das Papier mit einer Mischung aus organischen Stoffen – Eiweiß oder Gelatine – und doppeltchromsaurem Kalk. So präparirt, wird dasselbe hinter einem Negativcliché dem Lichte ausgesetzt. Nach der Aussetzung mit einem Schwamm angefeuchtet, schlucken nur die unbelichteten Stellen Wasser, da die belichteten unlöslich geworden sind. Wenn man nun das Papier mit fettiger Tinte einwalzt, so haftet diese nur an den trockenen Stellen, da sie von den feuchten nicht angenommen wird, und es entsteht ein Bild durch Tintendruck. Das ist das Verfahren Pretsch’s, wenn dieser es auch nicht zu direkten Kopien, sondern zum Ueberdruck benützte.

Nach der zweiten Methode wird der Farbstoff gleich der Chromgelatine beigemischt, das Papier damit überzogen und dieses nach erfolgter Belichtung gewaschen. Das Wasser entfernt nun die löslichen unbelichteten Gelatinetheile sammt der Farbe, während die unlöslichen belichteten ihren Farbstoff festhalten so die positive Kopie bilden. Die erste der beiden Verfahrungsarten wurde der Ausgangspunkt der Photolithographie, die zweite enthält das Prinzip und die Grundlage der Kohlendruckmethode.

Nachdem im Jahre 1856 der um die Kunst vielfach verdiente Herzog  A l b e r t  v o n  L u y n e s  der Pariser Photographischen Gesellschaft einen Preis von 2000 Franken für Anfertigung haltbarer Lichtbilder zur Verfügung gestellt hatte, traten verschiedene Bewerber mit neuen Verfahrungsarten auf. Es wäre mehr umständlich als lehrreich, sie alle hier anzuführen, besonders da sie – mit Ausnahme der Garnier-Salmon’schen Methode – sämmtlich auf dem Poitevin’schen Prinzipe beruhen. Bei der Preisvertheilung im Jahre 1859 war noch kein vollständig befriedigendes Resultat erzielt. Der freigebige Herzog ermächtigte jedoch die Kommission der Gesellschaft, den Preis in Form von Aufmunterungsprämien unter die verdienstlichsten Arbeiten zu vertheilen, und stellte weitere 2000 Franken mit einer Konkurs-Verlängerung bis Juli 1861 zur Verfügung.  P o i t e v i n  hatte sich nicht beworben, dessenungeachtet sprach ihm die Kommission, als dem Urheber des Pigmentdrucks, eine Medaille von 600 Franken zu. Eine ähnliche, für ihre Beiträge zur Dauerhaftigkeit der Silberdrucke, erhielten  D a v a n n e  und  G i r a r d .  G a r n i e r  und  S a l m o n ,  sowie der Engländer  P o u n c y ,  bekamen je eine Medaille von 400 Franken für ihre Leistungen im Pigmentdruck.

Garnier und Salmon, nachdem sie gefunden daß Uran-Salpeter und gewisse Eisensalze gleichfalls organische Stoffe unter Einwirkung des Lichts unlöslich machen, tränkten anfänglich ihr Papier mit einer Lösung von Eisennitrat, kehrten jedoch zur Chromsäure zurück und überzogen es später mit einer Mischung von Zucker, Eiweiß und doppeltchromsaurem Ammoniak. Nach der Belichtung erwärmten sie das Papier und trugen feingepulvertes Beinschwarz mit einem Dachspinsel auf. Da bei diesem Verfahren die hygroskopischen, durch ihre Löslichkeit klebrigen, also die unbelichteten Stellen sich schwärzen, so muß das Papier hinter einem Positivcliché exponirt werden.

Pouncy benützte eine Mischung von arabischem Gummi und doppeltchromsaurem Kali, die er mit Pflanzenkohle färbte, auftrug, belichtete und wusch, ganz nach Poitevin’s Rezept. In Beziehung auf die Resultate zeigten die beiden Leistungen wenig Unterschied, obwohl die Methode Garnier’s ohne Zweifel bessere Bilder zu liefern im Stande war als das Verfahren Poitevin’s in seinem damaligen Stadium; nur hätte sie eine Sorgfalt der Ausführung verlangt welche sie zu schwierig und zeitraubend für den Pigmentdruck machen mußte. Eine gewisse Leistungsfähigkeit ist ihr umsoweniger abzusprechen, als sie der Ausgangspunkt der verschiedenen Verfahren durch Einpulvern ist, die später in der Email-Photographie und in der Heliographie zum Vorschein kommen; wie denn Garnier auch der erste war der das Ablösen und Uebertragen der Gelatinehaut praktizirte.

Die vermittelst Auswaschens hergestellten Proben bewiesen zwar die Möglichkeit des Kohlendrucks, hatten aber einen Hauptfehler: die Halbtöne waren größtentheils verschwunden, und statt einer allmäligen Tonabstufung, zeigten sich schroffe Uebergänge von weiß zu schwarz. Längere Zeit konnte man sich diese Erscheinung nicht erklären, bis im Jahre 1858 der  A b b é  L a b o r d e ,  bei seinen Versuchen mit Leinöl und Bleiglätte die gleichfalls eine lichtempfindliche Schichte geben, die Ursache entdeckte. Wenn nämlich die präparirte Fläche dem Lichte ausgesetzt wird, so verlieren zwar alle beschienenen Stellen ihre Löslichkeit, nur dringt das Licht an den Schattenpartien, wo ihm das durchsichtige Negativ kein Hinderniß bereitet, tiefer ein als bei den Mitteltönen, wo das Cliché nur halb durchsichtig ist. Dort wird also eine dickere Schichte des empfindlichen Stoffes unlöslich gemacht als hier. Bringt man nun die belichtete Kopie in das Lösungsmittel, so gehen die hellen Stellen des Bildes, die vor der Einwirkung des Lichts geschützt waren, sofort ab, während die dunklen Partien, die bis auf den Grund belichtet und unlöslich wurden, vollkommen widerstehen. Die Halbtöne dagegen, deren unlöslich gewordene Oberfläche auf einem löslich gebliebenen Untergrunde ruht, werden von der Flüssigkeit unterfressen und weggeschwemmt.

Bald darauf entdeckten auch die Engländer  B u r n e t t ,  S w a n  und  B l a i r ,  jeder unabhängig vom anderen, die eigentliche Ursache des Mißerfolgs. Die beiden Letzteren suchten durch Belichtung der Schichte von hinten dem Uebelstande abzuhelfen, ohne jedoch befriedigende Resultate zu erzielen. Aber das Mittel zur Rettung der Halbtöne war nun erkannt: der Lösungsprozeß mußte auf der unbelichteten Seite vorgenommen werden; die Schwierigkeit war nur, die Gelatine von der einen Seite zu belichten und von der anderen zu waschen.

F a r g i e r  war der erste der, 1860, diese kitzliche Operation ausführte, indem er das Bild umdrehte. Zu diesem Zwecke mußte er natürlich die Schichte von ihrer Unterlage ablösen, nachdem er sie vorher mit einer aufnehmenden  U e b e r l a g e  versehen hatte. Er strich daher seine Gelatine auf Glas, überzog sie nach der Belichtung mit einer Lage Rohkollodium, löste sie dann vom Glase ab und wusch sie in warmem Wasser, welches die unbelichteten Stellen der Gelatineschichte wegschwemmte und die belichteten als Bild mit vollständigen Mitteltönen am Kollodiumhäutchen hängen ließ. Dieses wurde nun, die Kollodiumseite nach oben, auf ein Blatt gelatinirten Papieres geklebt. Die Resultate waren höchst befriedigend, und ich habe Proben von Fargier gesehen welche den besten Silberdrucken nichts nachgeben; aber die Schwierigkeit, mit einem schwimmenden Häutchen von Gelatine und Kollodium zu operiren, ist zu groß als daß dieses Verfahren auf eine ausgebreitete Kundschaft rechnen könnte.

Inzwischen hatte Poitevin ein anderes Mittel erdacht. Die bisherigen Substanzen waren löslich und wurden durch’s Licht unlöslich; er hatte jedoch bemerkt daß gewisse metallische Salze den organischen Stoffen gerade die entgegengesetzten Eigenschaften mittheilen; so kehrte er denn das Prinzip um und bereitete eine unlösliche Mischung die im Lichte löslich und durch Einwirkung der Feuchtigkeit klebrig wird. Er bediente sich anfänglich des Einpulverns um das Bild zu entwickeln, was jedoch nur eine Umkehrung der Garnier’schen Methode ist und von dieser in Beziehung auf das Resultat nicht sehr abweichen kann. Später aber verwandte er die neue Substanz zu seiner ursprünglichen Methode des Auswaschens, und diese Idee, theoretisch betrachtet, ist offenbar nicht zu verachten. Denn da das Licht jetzt löslich statt unlöslich macht, die Löslichkeit also ihren Sitz in der Oberfläche, die Unlöslichkeit in der Grundlage hat, so kann man die besonnte Schichte ohne Schaden von vorn anpacken, und ist nicht genöthigt sie umzudrehen. Poitevin bereitet seine empfindliche Materie mit Eisenchlorid und Weinsteinsäure, und bringt sie, nachdem die Farbe beigemischt ist, aufs Papier. Da jetzt die belichteten Stellen abgehen, muß die Schichte hinter einem Positivcliché exponirt werden. Nach dem Auswaschen wird das Eisensalz vermittelst verdünnter Salzsäure entfernt und die Gelatine durch Eintauchen in ein Bad von Alaun oder Quecksilberchlorid vollständig unlöslich und für Lichteinwirkungen unempfänglich gemacht. Es mag aus diesen Prozessen noch Nutzen zu ziehen sein, bis jetzt aber hat sich die Praxis ihrer nicht mit Erfolg bemächtigt.

Im Jahre 1862 ertheilte die Photographische Gesellschaft auch den zweiten Luynes’schen Preis, und gab ihn, ohne etwas davon zu verzetteln, ihrem Liebling Poitevin. Um jedoch bei Belohnung des Gedankens die That nicht ganz zu vergessen, bewilligte sie zugleich aus eigenen Mitteln eine Medaille von 600 Franken dem geschickten Fargier für die glückliche Ausführung welche er der Poitevin’schen Idee hatte angedeihen lassen.

Eigentlich praktisch wurde der Pigmentdruck jedoch erst durch die Verbesserung welche der schon genannte  S w a n  von Newcastle mit dem Verfahren Fargier’s im Jahre 1864 vornahm. Dieselbe besteht in einem vollständigen System von Uebertragungs-Operationen welche mit Hilfe einer leicht zu handhabenden Unterlage ausgeführt werden. Diese heut allgemein befolgte Methode verfährt folgendermaßen: Auf ein gleichmäßiges, fehlerfreies Papier wird eine Lage Gelatine aufgetragen die mit Lampenruß oder Tusche schwarz gefärbt ist. Um das getrocknete Papier empfindlich zu machen, zieht man es durch eine fast gesättigte Lösung von doppeltchromsaurem Kali. Nach dem Trocknen wird die präparirte Fläche des Papiers auf die Kollodiumseite des Negativs gelegt und in einem Kopirrahmen exponirt. Die Belichtung dauert in direktem Sonnenlicht 4–5 Minuten, in zerstreutem Lichte dagegen 10 Minuten bis zu einer Stunde. Nun gilt es das noch unsichtbare Bild, vermittelst Waschens auf der Rückseite der Gelatinschichte, hervorzurufen. Zu dem Ende überzieht man ein weiches, aber festes Papier mit einer leimartigen Kautschuklösung, nimmt dieselbe Operation mit der Bildseite des Gelatineblattes vor, legt beide mit der bestrichenen Fläche aufeinander und läßt sie unter einem elastischen Filzstücke durch eine Satinir- oder Kupferdruckwalze laufen. Hierauf bringt man die Zusammengeklebten eine halbe Stunde lang in kaltes, dann in warmes Wasser von 20–30 Graden welches nun das erste Papier von der Gelatineschichte ablöst. Diese, von dem wasserbeständigen Kautschuk festgehalten, kann jetzt mit Leichtigkeit auf der Rückseite gewaschen werden, wodurch alsbald die unbelichteten Stellen vollends verschwinden und das Bild erscheint. Nach dem Trocknen wird es mit einer Mischung von Gelatine und Glycerin überstrichen, auf ein feuchtes Papier gelegt, durch die Presse gezogen und eine Stunde lang in ein Chromalaunbad gebracht, das die Gelatine vollkommen unlöslich macht. Nachdem jetzt das Bild auf diesen seinen definitiven Grund übertragen ist, wird das Kautschukpapier, das der Gelatinehaut inzwischen zur Unterlage gedient hat, entfernt, indem man es mit reinem Benzol einreibt, mit einem stumpfen Messer an einer Kante aufhebt und abzieht. Das Papier nimmt den ganzen Kautschuküberzug mit, und das fertige Bild erscheint wieder von der belichteten Seite. Dieses besteht nun aus den verschiedenen Dicken des gefärbten Gelatinehäutchens durch welches das weiße Papier durchscheint. In den höchsten Lichtern ist das Häutchen ganz verschwunden, in den Mitteltönen hat es gerade so viel Körper behalten um die Tonabstufungen darzustellen, und in den tiefsten Schatten blieb seiner Dicke Pigment genug um die Unterlage mit undurchsichtigem Schwarz zu bedecken.

Der schwierigste Theil der Operation, von welchem deren Gelingen hauptsächlich abhing, war anfänglich die richtige Belichtung. Denn da das präparirte Papier gleichmäßig schwarz ist und die Lichteinwirkung erst nach dem Waschen sichtbar wird, so tappte man förmlich im Dunkeln. Swan half jedoch diesem Uebelstande durch einen Belichtungsmesser (Aktinometer) ab, welcher, von Doctor Vogel in Berlin verbessert, seinem Zwecke vollkommen entspricht. Das Aktinometer beruht aus dem Princip, daß ein Papier, mit einer empfindlichen Lösung von bestimmter Stärke getränkt, dasselbe Maß der Lichteinwirkung stets durch denselben Grad der Reaktion zur Geltung bringt, indem sich die Lichtintensität und die Belichtungsdauer gegenseitig ersetzen. Man bedient sich daher eines Kästchens mit einer transparenten Skala im Deckel, die von einem Ende zum anderen gradweise an Dicke zunimmt und auf welcher die Grade durch schwarze Zahlen bezeichnet sind. Wenn man jetzt einen sensibilisirten Papierstreifen in dieser Vorrichtung exponirt, so zeigt sich die Färbung natürlich zuerst an der dünnsten Stelle der Skala, um allmälig nach dem dickeren Ende fortzuschreiten, und man kann nun den Grad der Belichtung an den Zahlen ablesen die hell auf dem dunkelnden Grunde zum Vorschein kommen. Auf diese Art läßt sich die Expositionszeit aufs genaueste reguliren, denn man hat nur für jedes Negativ die Belichtungsnummer ein- für allemal festzustellen.

Da bei diesem Druckverfahren die Färbung rein mechanischer Natur ist und, wie beim Aquarellbilde, auf der größeren oder kleineren Menge des aufgetragenen Pigments beruht, so kann man selbstverständlich der leimenden Flüssigkeit statt schwarzen Farbstoffs auch einen andern beimischen und das Bild in Sepia, Röthel, Purpur, Bronze und allen beliebigen Farben darstellen; nur hängt dann dessen Dauerhaftigkeit, wie beim Malen überhaupt, von der Haltbarkeit des gewählten Pigments ab. Was die Beständigkeit der Gelatinehaut betrifft, so ist diese vollkommen unlöslich gemacht und nicht dicker als der Leimüberzug auf einem animalisch geleimten Blatte Schreibpapier; es steht daher weder ein Zersetzen noch ein Aufplatzen zu befürchten. Ueberdies ist die Oberfläche der Pigmentbilder frei von jenem Glanze welcher den Silberdrucken auf Albuminpapier keineswegs zur Zierde gereicht: die Lichter sind vollkommen matt, und auch die Schatten gedämpft genug um den künstlerischen Eindruck nicht zu beeinträchtigen

Solch wichtige Vorzüge können den Pigmentdruck nur empfehlen, und derselbe war auch auf den letzten großen Ausstellungen würdig vertreten. Namentlich hatten  S w a n  aus England,  S t o w e l l  aus Amerika und  B r a u n  aus Dornach bei Mühlhausen vortreffliche Proben ausgestellt, welche, in großartigem Maßstabe fabrizirt, bereits Handelsartikel geworden sind. Allerdings erreichten, obwohl Swan unübertroffene Landschaften zu zeigen hatte, die Kopien nach der Natur den Silberdruck nicht immer; dagegen sind die Reproduktionen nach Stichen und Zeichnungen höchst gelungen, und vor Allem läßt Braun’s zahlreiche Auswahl von Handzeichnungen alter Meister aus dem Louvre und andern Galerien nichts zu wünschen übrig. Von der kaum sichtbaren Wischerspur bis zum klecksenden Federstrich ist Bleistift, Kohle, Röthel, Tusche, Sepia sc. in Ton und Vortrag so getreulich wiedergegeben, daß man die Originale zu sehen glaubt.

Die Darstellung des Lichtbilds vermittelst Pigments hat noch zu anderen Anwendungen geführt, die wir wegen ihrer industriellen Wichtigkeit nicht ganz unerwähnt lassen wollen: wir meinen die Photographie auf Email. Unverwüstliche Miniaturporträte, Medaillons für Schmuckarbeit, Dekorationen für Porzellan und Krystall, ja sogar gemalte Fensterscheiben hat die Verglasung der Photographie dem Kunstgewerbe geliefert.  L a f o n  d e  C a m a r s a c  war der erste der seit 1854 diese Aufgabe in Angriff nahm und glücklich löste. Das Verfahren besteht der Hauptsache nach darin daß man die Pigmentkopie, statt mit gewöhnlichen, mit feuerbeständigen Farben, meistens in Form aufgestreuten Pulvers, herstellt, und das Häutchen, statt auf Papier, auf die Emailplatte klebt. Das Feuer des Brennofens zerstört den organischen Stoff, den Träger der Emailfarbe, und schmilzt diese der Glasur ein. Die bunten Glasbilder werden noch auf andere Weise hervorgebracht. Man behandelt die zu verzierende Glastafel wie ein gewöhnliches Negativ, indem man das Kollodiumbild mit Hilfe von Silbersalz entwickelt. Dann bringt man es in verschiedene Metallbäder, welche dem Silber, je nach den Erfordernissen der Zeichnung und den Vorkehrungen der Operation, andere Metalle substituiren. So erhält man unmittelbar auf der Tafel verschiedene Metallniederschläge, die, im Brennofen mit Glasur überzogen, durch Transparenz dem Glase verschiedene Farben geben. In Beziehung auf Glasphotographien zeichneten sich bei der Ausstellung 1867 hauptsächlich  M a r é c h a l  und  T e s s i é  d u  M o t a y  aus. Diese kurzen Andeutungen genügen um die Vortheile bemerklich zu machen die eine intelligente Industrie den photographischen Prozessen abzugewinnen vermag.