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Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition


Datum: 26. 1. 1880
Adressat: Paul Lindau


Paris, den 26. Januar 1880
30 Rue de l'Entrepôt

Mein lieber Herr Lindau!

Beiliegend schicke ich Ihnen die erste Hälfte einer gründlichen Studie über Emile Zola, die Ihnen, bei dem Aufsehen, das der vielberufene "Naturalist" gegenwärtig macht, nicht unwillkommen sein dürfte. Die zweite Hälfte, die eine ästhetische Kritik des Zola'schen Realismus enthält, ist gleichfalls größtenteils vollendet und wird in 10-14 Tagen nachfolgen, da ich den bevorstehenden Schluß des gegenwärtig in Veröffentlichung begriffenen Romans "Nana" abwarten will, um die Analyse desselben am Ende des IV. Abschnitts einzuschalten. Ich weiß nicht, ob Sie es vorziehen, das Ganze auf einmal oder in zwei auf einander folgenden Heften zu geben. Im letzteren würde am besten die erste Abtheilung mit Nro. III schließen,
und die zweite mit Nro. IV beginnen, welchen Abschnitt Sie bis auf die oben erwähnte Analyse in Händen haben. Immerhin könnten Sie vielleicht mit dem Satz einstweilen beginnen lassen, um bei der augenblicklichen Aktualität des Gegenstands das Erscheinen nicht zu verzögern: Ich überlasse das am besten Ihrem Ermessen.

Längst hatte ich die Absicht, auf Ihre mehrfachen freundlichen Einladungen mit einer größeren Arbeit zu antworten; und überhaupt auch außerhalb der "Frkf. Ztg." einige Verbindungen einzugehen, um so mehr, als die meisten meiner Artikel besser für eine Monatsschrift als für das flüchtige Feuilleton einer Zeitung gepaßt hätten. Etwas leidend,
kam ich jedoch in letzter Zeit nicht zu vermehrter Thätigkeit und blieb so in meinen gewohnten Beziehungen hangen, um so mehr, als gewöhnlich die Revuen nicht im Stande sind, die Honorare der großen Zeitungen zu zahlen. Ich bin zwar, wie Sie wohl wissen, kein Geldmensch, muß aber leider vom Ertrag meiner Feder leben; und gerade weil ich in Beziehung auf den Erwerbssinn von der Natur etwas verkürzt und nicht zum Schnell- und Vielschreiber angelegt bin, muß ich auf ein Honorar sehen, das mir erlaubt, meine Arbeiten mit derjenigen
zeitraubenden Gründlichkeit und Durchführung vorzunehmen, ohne welche mir die literarische Thätigkeit zum Ekel ist.

Ich habe verschiedene Arbeiten in petto, namentlich auch in kunstgewerblicher Richtung, die, wie ich glaube, einer gediegenen Revue nicht zur Unzierde gereichen würde; aber Sie werden es ebenso erklärlich als billig finden, daß ich nicht - wenigstens nicht als mehr oder weniger habitueller Mitarbeiter - eine Ortsveränderung vornehmen möchte, um dabei Verluste zu erleiden. Ich weiß weder, was Ihre Zeitschrift vermag, noch was Ihnen meine Mitarbeit werth ist; haben Sie daher die Güte, mein lieber Herr Lindau, mir in diesem Punkte eben so offen zu antworten, als ich Ihnen schrieb, damit ich sehe, ob die Verhältnisse eine häufigere Mitarbeiterschaft gestatten.

Wie dem auch sei, jedenfalls wird es mir Vergnügen machen, auch einmal in Ihrem "Nord und Süd" zu erscheinen. Inzwischen mit besten Grüßen

Ihr
L. Pfau


Deutsches Literaturarchiv Marbach
Sign.: A: Lindau
Nr.: 59.753a
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann


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