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Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition


Datum: 7. 5. 1890
Adressat: Anna Spier


Stuttgart den 7. Mai 90

Liebe Anna!

Deinen vorletzten Brief habe ich erst in Folge Deines letzten entdeckt. ( ... )

Ich habe Dir diesmal lang nichts geschrieben; aber ich war so mißmuthig, daß ich mich zu nichts aufraffen konnte ( ... ) Erst seit 2-3 Tagen, seit das Wetter endlich frühjährlich geworden ist, hat sich der Feind allmählich zum Rückzug entschlossen, und im Augenblick befinde ich mich recht erträglich. Hoffentlich werde ich jetzt Ruhe haben.

Beiliegend schicke ich Dir ein Heft der 'Nation' mit einem Artikel über das Denkmal im Allgemeinen, aus dem Du zwar nicht viel Neues erfahren wirst, den ich Dir aber doch schicke der
Vollständigkeit wegen. Bamberger hatte mich nämlich vor einiger Zeit zu Beiträgen für die 'Nation' aufgefordert, und da hab ich die einzelnen Bemerkungen, die in den Heilbronner 'Neckarzeitungs'-Artikeln zerstreut waren (wo sie ja doch Niemand zu Gesicht bekommt), zu einem objektiven Ganzen zusammengestellt.

Heute Abend ist die Generalversammlung in Heilbronn, um endlich über das Kaiserdenkmal abzustimmen. - Von Deinem Artikel über Thoma habe ich nichts gesehen, obwohl Du mir einmal dessen Zusendung anzeigtest.

Daß Bismarck endlich fort ist, ist die erste große Freude, die ich seit langem wieder einmal hatte. Diesen gemeinschädlichen Giftjunker wären wir nun doch glücklich los. Was den Kaiser betrifft, so scheint er guten Willen zu haben, ist aber noch arg grün und bildet sich wunder was ein auf seine Macht und Fähigkeit. Da es nicht mehr schlechter werden kann, so muß es ja in mancher Beziehung besser werden; gründliche Hilfe ist freilich nicht zu erwarten, denn dazu ist der junge Mann noch viel zu unklar in seinem Kopfe. Nun, er wird sich die Hörner schon verstoßen.

Wenn ich Nachricht von Heilbronn habe, will ich Dir wieder schreiben, inzwischen grüße die Freunde und sei herzlich gegrüßt
Deinem
L. P...


Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.
Best.: A: Pfau - o.Nr. -
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann


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