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Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition


Datum: 30. 1. 1890
Adressat: Anna Spier


Stuttgart den 30. Jan. 1890

Liebe Anna!

Diesmal mußt Du allerdings länger als üblich auf einen Brief warten, allein daran ist einestheils mein Befinden, anderntheils meine Freundin selbst schuld ( ... )

Trotzdem hatte ich mit der Herstellung des Holzschnitts vom Mayerdenkmal für die Gartenlaube und mit einem Artikel dazu, der geliefert werden mußte - weil diese Zeitschrift wegen ihrer Leserzahl 4 Wochen vor ihrem Erscheinen in den Druck gehen muß -, mich abzuplagen. Glücklicherweise konnte ich für den schwierigsten Theil meinen Aufsatz aus der Heilbronner Neckarzeitung benutzen.

( . . . )

In München hatte ich herrliches Wetter, besuchte aber nur Grützner, ((Hage)), Dietz und Ebers, da mein Neffe mit Familie mich in Anspruch nahm, und ich ohnehin alle Tage in Rümanns Atelier zu thun hatte. Es ging nicht ohne Strauß ab. Mit der Hauptgruppe war ich gar nicht zufrieden, und er mußte sie ganz neu machen. Er hatte sich von dem Victoria schreienden Chauvinismus noch nicht losmachen können und der Germania ein großes Schwert (aber in der Scheide, wie er sagte) in die Hand gegeben. Ich fragte ihn aber, ob er je gesehen habe, daß eine Mutter, die ihre Kinder versöhnen wolle, zu diesem Geschäft einen Säbel mitnehme? Und das konnte er schließlich selber nicht behaupten. Auch hatte er zwar dem Nord, wie ich wollte, ein Schwertlein in die Hand gegeben, dem Süd aber einen Helm, so daß beide kriegerische Embleme hatten und folglich nicht zu unterscheiden waren. Er mußte nun dem Süd eine ((Traube)) geben und überhaupt die ganze Komposition, die falsch aufgebaut war, umkehren. Die Kronen haltende Nike war leider schon abgegossen als ich kam; es wäre auch einiges an ihr auszusetzen, doch ist das weniger von Belang, und das Ganze macht sich jetzt recht gut und ist bereits fix und fertig nach Heilbronn abgegangen. Der Konkurrent Rieth ist aber noch nicht fertig und hat sich Frist bis zum 15. -20. Februar ausgebeten, so daß ich erst zu dieser Zeit nach Heilbronn gehen werde.

Jetzt bin ich wieder an meinen Bänden und mache die Heliographie vollends fertig. Die Gedanken tropfen aber noch langsam.

In der Hoffnung, bald einen Brief von Dir zu bekommen, in dem etwas steht, herzliche Grüße an Dich, die Deinen und die Freunde von
         Deinem
                 L. P...


Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.
Best.: A: Pfau - o.Nr. -
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann


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