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Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition


Datum: 2. 2. 1889
Adressat: Anna Spier


Stuttgart den 2. Feb. 1889

Liebe Anna!

Du wirst Dich jetzt wohl wieder in Frankfurt befinden und im gewohnten Geleise sein. Was Du mir über die Jordansfeier schreibst, hat mir aufs neue die Macht des Schwindels bewiesen. Ich muß allerdings gestehen, daß ich Jordan nicht genauer kenne, denn das, was ich von ihm gelesen habe, hat mich nie zu weiteren Versuchen geneigt; aber soviel geht mir doch daraus hervor, daß seine Leistungen einem solchen Lärm nicht entsprechen. Mit seinen Ansichten über ((Prosardie)) und Metrik bin ich durchaus nicht einverstanden, das lyrische Gefühl geht ihm vollständig ab, und als Gedankendichter, der er doch mehr oder weniger ist, fehlt ihm eine Klasse und vernünftige Weltanschauung. Er steht ja noch auf dem Standpunkt des Gottesglaubens und der Unsterblichkeit. Wenn ich Zeit habe, muß ich mir sein Gestabreim doch einmal etwas näher ansehen.

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( ... ) da bei Dir die kulinarische Entwicklung von der ästhetischen umgebracht worden ist, wie früher die Musik von der Architektur.

Ich bin immer noch etwas angegriffen und müde von dem Corrigiren und Revidiren der Druckbogen, das meine Augen sehr anstrengt und in Folge mein Hirn. Dabei war ich in den letzten Wochen sehr in Anspruch genommen durch das Denkmal von Robert Mayer in Heilbronn (dem Erfinder der Äquivalenz von Wärme und Kraft). Ein lasteriges Comitée wollte die Sache mit einer elenden Büste abmachen ohne Konkurrenz auf dem bekannten Wege: eine Hand wäscht die andere. Ich habe es nun zu Stande gebracht, daß ein anderer Entwurf nach meiner Idee hergestellt wird, vorerst in aller Stille, um mit demselnen zur geeigneten Stunde hervorzutreten und das Comitée in die Flucht zu schlagen. Also still! Der Vorstand des Comitées,  P r o f e s s o r  ((Dürr)), hatte natürlich nichts eiligeres zu thun, als zum  P r o f e s s o r  Lübke nach Karlsruhe zu gehen, der ihn schleunigst wieder heimschickte
zum  P r o f e s s o r  (( Danndorf )), worauf der ((Vicevorstand ))  Re c t o r  Pressel eine Auftragsertheilung an den Prof. D. durchsetzte. Aber man wird ihnen!

Herzl. Gr.
            Dein L. P ...


Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.
Best.: A: Pfau - o.Nr. -
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann


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