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Ludwig Pfau (1821-1894) · Briefedition


Datum: 27. 9. 1888
Adressat: Anna Spier


MUnchen 27. Sept. 1888

Liebe Anna!

Besten Dank für das Kistchen, aber warum schickst Du mir so viele 'Fressalien'? Ich werde ja gar nicht Herr darüber in meiner Einsamkeit. Ich bin im Augenblick mit der Heliographie beschäftigt, welche viel Gelauf macht. Heute Nachmittag gehe ich zu Grützner, der von dem schönen Wetter profitirte, um nach der Hochzeit mit Frau und Töchterchen noch ein bißchen in die Berge zu gehen.

NB. Bei Friedler war ich seiner Zeit auch und habe mir die Thoma angesehen; ich bin aber durchaus nicht erbaut davon. Das alles ist verrücktes Zeug, und von seinen Bewunderern kann man nur sagen, daß sie ein Beweis sind, wie ein Narr zehne macht. Ich bitte, mich ihm zu verschweigen, wenn ich nach Frankfurt komme.

Die Schlingel in Braunschweig haben mich doch angeführt und im Oktoberheft nur einen kurzen Anfang meines Artikels gebracht. Prof. Erdmann - der Redakteur - schrieb mir vor einigen Tagen: "Wir konnten leider nur die ersten zwölf Seiten bis zum Abschnitt Kolorismus in das Oktoberheft aufnehmen." Ich werde Dir zwei Ex. davon schicken. (Anm.: Eines für Getchen, falls sie sich dafür interessirt) Die Correctur des Restes habe ich inzwischen erhalten und auch bereits expedirt. Gretchen laß ich recht schön grüßen, aber ein Gedicht kann ich ihr nicht machen. Ich habe jetzt nicht Zeit, mich in eine Stimmung zu versetzen, in der Gedichte wachsen; denn diese ist für mich jetzt keine normale mehr, sintemal die Logik die Poetik auffrißt.
Hartmanns, Mama und Sohn, sind Samstag nach Berchtesgaden zurückgekehrt und werden nächstens nach Wien zurückreisen, wo sich der Sohn als Privatdozent habilitiren will. Ihnen von Dir zu sprechen, hatte ich keine Veranlassung. Sie kennen Dich ja nicht, und meine Herzensangelegenheiten auszukramen, gehört nicht zu meinen Passionen - außer in Gedichten. Aber das hat jetzt auch aufgehört. - Im übrigen sind es recht liebe Menschen. Ich muß jetzt auf die Tramway. Herzliche Grüße von
                             Deinem L. P ...


Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.
Best.: A: Pfau - o.Nr. -
Transkription: © 1983 Dr. Reinald Ullmann


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